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"Nicht nur für mich eine Beleidigung..." - Reaktionen auf einen LEON*-Beitrag

Das Interview mit dem ehemaligen DDR-Erfolgstrainer Götz-Michael Glitscher in der LEON*-Ausgabe vom August rief neben positiver Resonanz bei einigen Lesern heftigen Widerspruch hervor. So teilte uns Frieder Hindermann, engagierter Turn-Stützpunktleiter und langjähriger Turnfunktionär, seine Meinung dazu mit: "... Im Gespräch mit Kelly Kelch sagt Götz Glitscher u. a.: „Ostdeutsche Systeme wurden als falsch angesehen, es sollte alles dem bundesdeutschen System angepasst werden. Eine solche Arroganz hatte seine Konsequenzen, denn man kann viele Jahre danach, nämlich bis heute, immer noch deutlich die Auswirkungen erkennen.“

Diese Aussage „eine solche Arroganz“ ist nicht nur für mich eine Beleidigung, sondern auch für die vielen ehrenamtlichen Turnfreunde der damaligen Zeit, die wie ich z. B. als Sportwart des Schwäbischen Turnerbundes in leitender Funktion im Gerätturnen des DTB, der Landesturnverbände, der Turngaue und Vereine standen. Natürlich haben wir uns alle gerne mehr finanzielle Unterstützung seitens der Kommunen, Länder oder des Bundes gewünscht. Aber in einem demokratisch geführten Land und in der Folge auch in demokratisch geleiteten Sportverbänden ist das nicht so einfach wie in einem diktatorisch ausgerichteten Gemeinwesen. Beispiel: Schwäbischer Turnerbund: Dieser Verband hat ca. 680.000 Mitglieder und nur ca. 6000 Gerätturnerinnen und -turner aller Altersklassen. Davon sind höchstens 200 in Leistungskadern Gerätturnen erfasst.

Während der Olympischen Spiele von Peking machte das Magazin „Stern“ bei der deutschen Bevölkerung eine Umfrage, ob sie bereit wäre, dass der Staat mehr Geld für die Spitzensportförderung in Deutschland als bisher ausgeben soll. Ergebnis: Nur 37 % der Befragten gaben dazu ihre Zustimmung. Wenn bei einer deutschen Meisterschaft der Männer und Frauen im Mehrkampf, wie dieses Jahr in Stuttgart, nicht mehr als max. 2000 Zuschauer, von 680 000 Mitgliedern im STB, den Wettkampf verfolgen, zeigt es uns doch auf, welchen Stellenwert das Gerätturnen in der Bevölkerung hat.

Ich selbst leite im hohenlohischen Öhringen, einer Stadt mit 23 000 Einwohnern, eine Turnstützpunkt männlich mit derzeit 105 Turnern im Alter von 5 bis 30 Jahren. Der Elternbeitrag beläuft sich derzeit auf 52 Euro pro Monat und reicht gerade mal für einen hauptamtlichen und zwei Honorartrainern. Sponsoren sind Mangelware, zumal es in unserer Stadt noch weitere 27 andere Sportarten gibt. Die Stadt hat uns zwar ein kleines Turnzentrum mit feststehenden Geräten und Weichgruben erstellt, für den Betrieb sind wir aber selber verantwortlich. Und da ist viel ehrenamtliches Engagement notwendig, finanzielle Unterstützung Fehlanzeige. Also können wir in punkto Leistung nicht das Gewünschte erreichen, aber eines ist sicher: Bei uns wird noch an Geräten geturnt! Landes- und bundesweit sieht es im männlichen Gerätturnen nicht so aus. Die Frage: Muss der Staat das erhalten, es gibt ja eine unglaublich große Palette an Sportangeboten!"

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